Interview ‚Detroit Undercover‘ aka ‚Detroit Driver‘ – Erstauflage

Mein Interview mit Florian Hilleberg von Literra, anlässlich der Erstveröffentlichung von Detroit Undercover.

13.06.2016

Liebe Lara Möller,

wer verbirgt sich hinter diesem Namen und wie sind Sie Schriftstellerin geworden?

Hinter dem Namen verbirgt sich ein zierliches Leichtgewicht aus Hamburg, das 1978 geboren wurde, das Abitur gemacht hat und anschließend eine Ausbildung zur Schifffahrtskauffrau. Passend zur Hansestadt. 2006 zeichnete sich bei mir eine Art verfrühter Midlife-Crisis ab. Ich brauchte dringend eine private und berufliche Veränderung. Meine Wahl fiel auf Travel & Work in Australien. Mit einem befristeten Arbeitsvisum bin ich für zehn Monate ans andere Ende der Welt abgehauen und als Rucksacktouristin durch Australien und Neuseeland gereist. Eine eindrucksvolle Erfahrung, in positiver wie negativer Beziehung.
Seit meiner Rückkehr nach Hamburg im Jahr 2007 arbeite ich wieder in der Schifffahrt.

Geschichten geschrieben habe ich seit meiner Grundschulzeit. Abenteuerbericht vom Familienurlaub, Geschichten über unsere Katzen, alles war es wert, zu Papier gebracht zu werden.
Mein erstes ‚Buch‘ habe ich mit etwa vierzehn Jahren in Angriff genommen. Auf einer alten, schwarzen Schreibmaschine mit runden Tasten. Es ging um eine Jugendbande in einer kargen, unfreundlichen Zukunftswelt, die ums Überleben kämpft. Beendet habe ich die Geschichte leider nie, aber die rund hundert Seiten, die ich zu Papier gehämmert habe, liegen gut behütet in einer Schublade.
Zwei Jahre später habe ich den nächsten Versuch unternommen. Wieder eine Ganggeschichte, diesmal mit New York als Schauplatz. Schnelle Autos, Schlägereien, Mord, verbotene Liebe, schärfste Rivalen, die am Ende zu Freunden werden, alles war dabei. Allerdings kaum druckreif. Man könnte diese Geschichte durchaus als Vorläufer für meinen Thriller „Detroit Undercover“ sehen.
Richtig ernst wurde es dann mit Anfang Zwanzig, als ich meinen ersten ShadowRun-Roman geschrieben habe.

Betrachtet man Ihre bisherige Bibliographie fällt einem sofort die enorme Bandbreite ins Auge. Von der Lyrik bis zur Prosa ist alles dabei, und mit drei SHADOWRUN-Romanen, einem Romany-Titel und dem Noir-Thriller „Detroit Undercover“ scheinen Sie auch nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt zu sein. Wie kommt das?

Ich hatte von 1997 bis ca. 2002 eine sehr intensive Lyrik-Phase, in der die Ideen nur so sprudelten. Teilweise kamen sehr schöne Gedichte dabei heraus. Warum genau das aufhörte, kann ich nicht sagen. Vermutlich wurde die Lyrik von der Schreiberei verdrängt. Die ShadowRun-Romane waren für mich der Einstieg in die Schriftstellerei. Es hat mir damals viel Spaß gemacht, Geschichten in diesem spannenden Rollenspieluniversum zu schreiben. Irgendwann wurde mir das Korsett der festen Regeln und Vorschriften allerdings zu starr. Es gab unzählige sogenannte Quellenbücher, in denen beschrieben wurde, wie dieses Universum funktioniert. Außerdem erwarteten die Leser, meist selbst aktive Rollenspieler, gewisse Archetypen und Handlungsstränge und reagierten enttäuscht, wenn sie in einem Buch nicht vorkamen. Nach drei Romanen und zwei Kurzgeschichten war für mich die Zeit gekommen, ohne störendes Korsett zu schreiben und meiner Phantasie freien Lauf zu lassen. In den folgenden Jahren habe ich mich in einigen Genres ausprobiert. Ich musste meinen eigenen Weg finden. Ich habe SF-Kurzgeschichten geschrieben, einen SF-Roman, der qualitativ leider nicht gut genug war, um ihn zu veröffentlichen, und einen Vampirroman, der für reichlich Erstaunen auf Seiten meiner ersten Literaturagentur gesorgt hat. Ein Gay Romance-Roman war nicht eben das, was man erwartet hatte oder vermarkten wollte. Erschienen ist das Buch trotzdem (ich war hartnäckig). Und es hat mir im Nachhinein gezeigt, was mir längst hätte klar sein sollen: Ich wollte in Zukunft Krimis und Thriller schreiben. Neben der Liebesgeschichte spielt in dem Vampirroman nämlich eine Kriminalgeschichte eine große Rolle. Einer der Charaktere ist ein Hobbydetektiv und seine Nachforschungen tragen einen wichtigen Teil zur Lösung des Falles bei. Diesen Handlungsstrang zu schreiben, war ebenso spannend, wie die Liebesgeschichte.

Nachdem mir endlich klar war, was ich wollte, habe ich die Idee für „Detroit Undercover“ entwickelt und den Roman geschrieben. Anschließend hat es leider sehr lange gedauert, einen Verlag zu finden. Um die Monate nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, habe ich in der Zwischenzeit meinen ersten Hamburg-Krimi geschrieben. Mittlerweile arbeite ich an der Fortsetzung und plane bereits den dritte Teil. Und mir geistern zahlreiche Ideen für einen Irland-Krimi oder Thriller im Kopf herum. Ich bin eindeutig dort angekommen, wo ich hingehöre.

Was war Ihr erster veröffentlichter Text, wie ist es dazu gekommen?

Mein erster veröffentlichter Text war gleich ein ganzer Roman. Während meiner Schulzeit war ich aktive Rollenspielerin. In der achten Klasse habe ich mit ‚Das Schwarze Auge‘ angefangen und später zu ‚ShadowRun‘ gewechselt. Von einer mittelalterlichen, eher zahmen Phantasiewelt in eine dreckige, gewalttätige Zukunftsversion unserer Welt. Ich ging komplett in dem Rollenspieluniversum auf und las viele der ShadowRun-Romane, die zu dem Rollenspiel erschienen sind. Einige gefielen mir gut, doch die meisten waren eher enttäuschend. Ich war überzeugt, eine bessere Geschichte erzählen zu können. Also fing ich an zu schreiben. Das Ergebnis war Ash, mein erster Roman, der damals bei Fantasy Productions erschienen ist.


Was war das für ein Gefühl, den ersten selbst verfassten Text gedruckt in Händen zu halten?

Es war großartig und unwirklich zugleich. Ich habe eine Weile gebraucht, um es zu begreifen. „Ash“ hat mir das Selbstbewusstsein und die Motivation gegeben, es ernsthaft als Schriftstellerin zu versuchen.

Wie sieht ein Tag im Leben der Schriftstellerin Lara Möller aus? Gibt es bestimmte Tageszeiten, an denen Sie besonders kreativ sind?

Durch meinen Vollzeitjob komme ich meist nur an den Wochenenden zum Schreiben. Dann gehören die Vormittage dem jeweiligen Buch. Ich stehe sehr früh auf, mache Frühstück und setzte mich an den Laptop. Dann schreibe ich bis zum Mittag. Der Haushalt und die Einkäufe müssen schließlich auch erledigt werden.   


Sie arbeiten hauptberuflich als Schifffahrtskauffrau. Ist es schwierig Ihren Beruf und das Schreiben unter einen Hut zu bringen?

Ja. Alles andere wäre gelogen. Über die Jahre habe ich allmählich ein Gleichgewicht zwischen Beruf, Schreiben und meinen anderen Hobbies gefunden. Die Arbeit als Schifffahrtskauffrau macht mir viel Spaß. Sie ist interessant, anspruchsvoll und manchmal sehr anstrengend. An solchen Tagen fehlt mir die Energie, mich abends an den Laptop zu setzen. Trotzdem möchte ich meinen Beruf nicht missen. Schließlich ermöglicht er es mir auch, meinem anderen großen Hobby zu folgen, dem Reisen. Ich liebe Wanderreise und habe bereits viel von der Welt gesehen. Mit dem Schreiben allein könnte ich mir die Reisen nie finanzieren und mir würde ein wichtiger Teil meines Lebens sehr fehlen. Außerdem reise ich gern meinen Lieblingsbands hinterher, wenn sie auf Tournee sind, oder besuche Freund im Ausland. Auch das will bezahlt werden. Es wäre natürlich großartig, mehr Zeit fürs Schreiben zu haben. Aber der Rest muss ebenso stimmen. Solange ich keinen Bestseller schreibe, wird es bei Kompromissen bleiben.

Warum haben Sie den Roman „Detroit Undercover“ geschrieben? Woher haben Sie die Ideen genommen?

In „Detroit Undercover“ konnte ich fünf Dinge verbinden, die mich begeistern: hartgesottene Polizisten, coole Verbrecher, moralische Verwicklungen, schnelle Autos und die amerikanische Kulisse. Ich bin eine große Liebhaberin amerikanischer Serien und Filme. Bei den Schriftstellern gehören Dashiell Hammett und Raymond Chandler zu meinen Favoriten.

Die Inspiration, „Detroit Undercover“ zu schreiben, kam zum einen von dem Film „Drive“ mit Ryan Gosling in der Hauptrolle. Viele Leser vergleichen mein Buch mit „The Fast & The Furious“ und „Transporter“. Was mich persönlich nicht stört, ich mag die Filme auch. Aber der Funke ist bei „Drive“ übergesprungen. Den Film kann ich sehr empfehlen. Die Geschichte wurde übrigens nach dem Roman „Driver“ von James Sallis verfilmt. Zum anderen hat mich die „Lennox“-Serie des schottischen Schriftstellers Craig Russell inspiriert. Während meiner Arbeit an meinem Buch habe ich die Romane rauf und runter gelesen, um mich immer wieder daran zu erinnern, welchen Stil ich zu Papier bringen wollte.

Die Stadt Detroit war von Anfang an meine erste Wahl. Aus früheren Fernsehberichten und Dokumentationen wusste ich bereits, wie es um die Stadt bestellt war. Ich brauchte eine düstere Kulisse und Detroit hat alles geliefert, was nötig war.

Sie beschreiben Detroit und die Szene des organisierten Verbrechens dort sehr authentisch oder zumindest sehr glaubhaft. Wie gestaltete sich die Recherche für diesen Roman?

Ich habe jeden Bericht über Detroit gelesen, den ich im Internet finden konnte. Zusätzlich habe ich Bilder, Informationen und Daten über die desolaten Zustände in der Stadt gesammelt, über die Geschichte, die einzelnen Stadtteile und die politische Situation zum Zeitpunkt der Handlung. Ich habe Kriminalstatistiken und -publikationen der amerikanischen Polizeibehörden studiert, um u.a. die realen Transportwege der Drogen- und Zigarettenschmuggler herauszufinden, und mir außerdem ein Bild davon gemacht, welche Behörde in den USA für welche Verbrechen zuständig ist (ATF, DEA etc.). Ebenso wichtig war es mir, herauszufinden, ob es Pläne gab, der Stadt wieder auf die Beine zu helfen. Schließlich wollte ich den einen oder anderen Hoffnungsschimmer auf Besserung einbauen. Dass Detroit noch vor Erscheinen des Buches offiziell Insolvenz anmeldet, hätte ich nie gedacht. Da wurde die Fiktion von der Realität überholt.


Die meisten jungen Autoren stehen vor dem Problem einen geeigneten Verlag für ihre Werke zu finden. Wie schwierig gestaltete sich bei Ihnen die Verlagssuche und wie haben Sie das Problem gelöst?

Die Verlagssuche ist tatsächlich schwierig. Zumindest bei den Romanen, die ich bisher geschrieben habe. Die großen Verlage schauen auf populäre Themen und haben stets die Finanzen im Blick. Die Bereitschaft, mit einem Titel ein Risiko einzugehen, ist gering. Bei Klein- und Kleinstverlagen ist man manchmal besser aufgehoben, allerdings sind dort die Auflagen auch entsprechend klein.

Ich arbeite mit einer Agentur zusammen, die die Verlagssuche für mich übernimmt. Dadurch ist zumindest der direkte Kontakt zu den Verlagen hergestellt und mein Manuskript landet nicht sofort auf dem Stapel unverlangt eingeschickter Bücher. Ein langwieriger, anstrengender Prozess bleibt es trotzdem. Man muss viel Geduld mitbringen.

Gibt es Schriftsteller, die Sie persönlich oder in Ihrer Tätigkeit als Autorin besonders beeinflusst haben?

Den größten Einfluss hatte wohl Craig Russell. Wie oben erwähnt, hat mich seine Lennox-Serie dazu inspiriert, „Detroit Undercover“ in diesem düsteren, schnörkellosen Stil zu schreiben. Außerdem hat er mich auf die Idee gebracht, meinen eigenen Privatdetektiv zu erfinden. Mr. Russell würde ich dafür gern einmal die Hand schütteln und mich persönlich bedanken.

Erlauben Sie mir zum Abschluss eine etwas persönlichere Frage: Was ist dem Menschen Lara Möller wichtig?

Ein gesundes Gleichgewicht zu finden. Zufrieden zu sein mit der Zeit, die ich neben dem Beruf für das Schreiben und meine anderen Hobbies habe. Dazu gehört auch ein inneres Gleichgewicht, das mir leider manchmal fehlt. Meine Freunde sind mit sehr wichtig, gleichgültig, ob sie in Hamburg wohnen oder im Ausland. In diesen Wochen ist meine Lieblingsband Avantasia auf Tournee. Drei meiner Freunde kommen dafür extra aus Australien nach Europa und wir werden gemeinsam einige Konzerte besuchen. Es werden wunderbare Tage sein, auf die ich mich sehr freue. Womit wir zum nächsten wichtigen Punkt kommen: Musik. Sehr wichtig in allen Lebenslagen. Besonders, wenn ich meine Bücher schreibe. Ohne passende Musik fange ich gar nicht erst an.