Interview im X-Zine zur Veröffentlichung von ‚ASH‘ aus dem Jahr 2001

Vorweg unsere Gratulation zu dem Roman „Ash“, der uns sehr gut gefallen hat und sogar unser selten vergebenes „Extrem Gut“ erreicht hat. Unser Interview besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Person und dem bisherigen Werk des Autors und ist leicht formalisiert. Trotzdem sind wir immer erstaunt, welche interessanten Antworten wir bekommen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem aktuellen Buch und den daraus resultierenden Fragen.

X-Zine: Wo sind Sie aufgewachsen?

Lara Möller: In Hamburg, im Stadtteil Eimsbüttel

X-Zine: Wann und warum haben Sie begonnen zu schreiben?

Lara Möller: Geschrieben habe ich solange ich mich erinnern kann. Kurzgeschichten in der Vorschule, über meine Haustiere oder den Urlaub mit den Eltern, später längere Abenteuergeschichten. Meine erste richtige Geschichte habe ich mit zwölf Jahren angefangen zu schreiben, also vor ziemlich genau zehn Jahren. Ich hatte den Film ‚Solarfighters‘ im Fernsehen gesehen, eine Geschichte über eine Gruppe Kinder, die in einer postapokalyptischen Welt überleben müssen. Daraufhin wollte ich meine eigene Welt erschaffen, mit meinen Kindern, die meine Abenteuer erleben. Die Geschichte ist zusammen mit mir gewachsen und als ich sie vier Jahre später beendete, war von der Grundidee kaum etwas übriggeblieben. Trotzdem ist sie mein wichtigstes Werk, weil ich mir mit ihr beweisen konnte, daß ich schreiben und, ganz wichtig, bis zum Ende durchhalten kann.

X-Zine: Welche Person hat Ihr Schreiben beeinflusst?

Lara Möller: Was Ash anbelangt, hauptsächlich meine Freunde, also die Mitglieder meiner Spielgruppe. Ob im persönlichen Gespräch oder per Telefon und E-mail, ihre Begeisterung und ständige Motivation hat mir sehr geholfen. Wenn ich mal wieder an einer Stelle angekommen war, an der ich beim besten Willen nicht wusste, ob eine Szene funktioniert, haben wir uns zusammengesetzt und sind alles Stück für Stück durchgegangen. Ein Kopf produziert nur eine begrenzte Zahl an Ideen, aber zu dritt war es manchmal ein Kinderspiel. Ich bekam ständig Rückmeldungen von ihnen und konnte dadurch Sachen ändern oder war darin bestärkt, sie zu behalten.

X-Zine: Welches Buch lesen Sie gerade?

Lara Möller: ‚The Lost World And Other Stories‘ von Sir Arthur Conan Doyle. Ein tolles Buch, das ich einmal im Jahr aus dem Regal hole.

X-Zine: Was ist ihre Lieblingsfarbe?

Lara Möller: weinrot

X-Zine: Welche Musik hören Sie gerne, auch beim Schreiben?

Lara Möller: Vornehmlich höre ich Heavy Metal, aber auch Country, italienische Arien, Pop und Rock. Beim Schreiben kommt es bei meiner Musikwahl einerseits sehr auf die jeweilige Szene und andererseits auf meine Stimmung an. Allgemein neige ich auch hier zu Heavy Metal, da diese Musikrichtung unglaublich viele Facetten hat. Bei den Konzertszenen habe ich mich an die Konzerte erinnert, die besonders intensiv waren und die entsprechende Musik aufgelegt. Daraufhin flossen die Szenen nur so aus mir heraus. Gamma Ray, Helloween, Blind Guardian, Hammerfall, Manowar und Amorphis sind nur einige Bandbeispiele. Allerdings habe ich auch schon Actionsequenzen mit italienischen Arien von Andrea Bocelli untermalt, was teilweise den Charakter eines John-Woo-Filmes hat. Bei traurigen Szenen verlasse ich mich ganz auf die Wirkung von Sarah McLachlan, die es innerhalb eines Liedes schafft, mich in tiefe Depressionen zu stürzen.

X-Zine: Wann und wo kommen Ihnen Ihre besten Ideen?

Lara Möller: Auf dem Weg zur Arbeit, wenn ich mit dem Fahrrad fahre, unter der Dusche, mitten in der Nacht, wenn ich eigentlich schlafen will, bei Konzerten, im Kino, zu den unpassendsten Gelegenheiten und garantiert immer dann, wenn Zettel und Stift meilenweit entfernt sind. Inzwischen stecken in jeder Jacke, in jedem Rucksack und in jeder Reisetasche Zettel und Stift. Nur für den Fall dass.

X-Zine: Haben Sie ein Lieblingsbuch, selbst verfasstes oder fremdes?

Lara Möller: Da gibt es eigentlich drei, die alle sehr unterschiedlich sind. ‚The Lost World‘, wie bereits erwähnt, ‚Jagd der Vampire‘ von Barbara Hambly, einer der besten Vampirromane, die ich je gelesen habe, und ‚Holidays in Hell‘ von P.J. O´Rourke. O´Rourke ist Journalist beim ‚Rolling Stone‘ und hat in den neunziger Jahren eigentlich jedes Krisengebiet auf der Welt besucht. Die Reportagen, in bissigem und sarkastischem Ton verfasst, hat er in diesem Buch zusammengefasst. Ein geniales Beispiel der Absurdität des Krieges, der Korruption und Armut in mittelamerikanischen, afrikanischen und arabischen Ländern oder einfach nur des religiösen Wahns amerikanischer Wanderprediger. Ich liebe dieses Buch und lese es immer wieder.

X-Zine: Welches Buch/Geschichte eines fremden Autors hätten Sie gerne selber geschrieben?

Lara Möller: keines der großen Werke, weil ich es nicht besser hätte machen können. Weil niemand anders als der jeweilige Autor es geschafft hätte, dem Buch/der Geschichte die richtige Note zu geben, es einzigartig zu machen. Nehmen wir aus gegebenem Anlass J.R.R. Tolkien und den ‚Herrn der Ringe‘. Ich hätte diese Welt nie so erschaffen können, wie er es getan hat. Mit all ihren Facetten, Charakteren und Geschehnissen ist sie einzigartig. Hätte ich das Buch geschrieben, wäre es vollkommen anders geworden. Eine andere Geschichte, mit anderen Charakteren, mehr oder weniger liebenswert oder schrecklich als Tolkiens Geschöpfe, doch vollkommen anders. Diese Gedanken, Ideen und Gefühle gab es nur ein Mal und würde ich versuchen sie zu imitieren, ich würde scheitern.

Bei einigen Shadowrunromanen wünsche ich mir allerdings, sie umschreiben oder wirklich vollkommen neu anfangen zu können. Sei es die Geschichte oder der Stil, manche der Roman sind einfach nicht sehr gut. Das war übrigens einer der Hauptgründe, weshalb ich angefangen habe, über Shadowrun zu schreiben. Ich dachte mir, bevor ich jedes Mal meckere, mache ich es lieber selbst und sehe mal, ob ich es wirklich besser kann.

X-Zine: Woran arbeiten Sie derzeit?

Lara Möller: An einem neuen Shadowrun-Roman. Zur Handlung möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts genaueres sagen, da es einige Überraschungen geben wird, die ich nicht verraten will. Die Geschichte selbst spielt in Hamburg, was naheliegend war, da ich mir jeden Schauplatz persönlich anschauen kann. Außerdem ist Hamburg in der Shadowrun-Realität eine äußerst faszinierende Stadt, mit überschwemmten Gebieten, Hovercrafts und Piraten. Es gibt jede Menge Wasser, ein Element, das den Protagonisten ein ums andere Mal zu schaffen machen wird. Zum Stil der Geschichte kann ich nur sagen, dass es auch diesmal keine Drachen, unsterblichen Elfen oder Vampire geben wird. Wie in „Ash“ bewegen sich die Runner an der Basis, gibt es Dreck, Schmutz, hinterhältige Execs und verfallene Gebäude. Die Hauptcharaktere sind jeder für sich in mancher Hinsicht extrem und es macht mir Spaß, mit ihren Macken zu spielen. Sie wenden recht unorthodoxe Methoden an, um ihre Ziele zu erreichen und gehen dabei teilweise sehr brutal vor. Aber es gibt auch ein Gegengewicht, das die Brutalität der Runner ausgleicht und eine etwas menschlichere Sicht der Dinge ins Spiel bringt. Die Stimmung des Romans ist im Ganzen leichter als bei „Ash“ und ich habe diverse abgedrehte Spielereien und Waffen eingebaut, von denen ich nicht genau weiß, wie sie bei den Lesern ankommen werden. Aber das ist eben die ewige Unsicherheit beim Schreiben.

X-Zine: Was sind die schwierigsten Arbeiten als Autorin für Sie heute?

Lara Möller: Das Korrekturlesen. Irgendwann kann man den Kram nicht mehr sehen. Die Geschichte fängt an zu nerven und man möchte sie am liebsten nehmen und aus dem Fenster werfen. Da ich neben der Arbeit schreibe und korrigiere, kostet jeder weitere Durchgang viel Zeit. Dazu kommt die Sorge, irgend etwas zu übersehen. Einen Schreibfehler, ein Loch in der Geschichte, einen gedanklichen Fehler. Man hat keine Lust mehr, wird schludrig und weiß aber ganz genau, daß man sehr gründlich sein muß. Also liest man die ganze Geschichte noch mal, bis sie einem zu den Ohren rauskommt. Das ist Arbeit, Schreiben ist dagegen entspannend. Auch wenn es bedeutet, die Nächte vor dem Computer zu verbringen und hundemüde zur Arbeit zu kommen, weil man um halb drei morgens plötzlich die geniale Idee hatte.

X-Zine: Was finden Sie so faszinierend an ihrem Genre?

Lara Möller: Ich liebe die Welt, in der Shadowrun spielt. Die Verschmelzung von Magie und Technik, die Möglichkeiten, die sich einem bieten, die verschiedenen Metatypen, das Chaos, in das die Welt gestürzt wurde und das Shadowrun erst möglich gemacht hat. Ich mag das dunkle, bedrohliche und zerstörerische Element, die Gewalt, das gebe ich ganz offen zu, und die Möglichkeit, praktisch alles tun zu können. In jeden Körper schlüpfen zu können, in die Phantasie einzutauchen und sich eine Zeitlang in der Rolle eines anderen zu verlieren.

—– 2. Teil —-

X-Zine: Der Roman „Ash“ ist ihr Debüt als Schriftstellerin?

Lara Möller: Ja, das stimmt

X-Zine: Shadowrun ist nicht gerade Neuland für Sie, oder? Wie lange spielen Sie schon?

Lara Möller: Mit dem Rollenspiel an sich habe ich in der siebten oder achten Klasse angefangen. Damals ganz klassisch mit DSA, was auch sehr viel Spaß gemacht hat. Etwa zwei Jahre später bin ich zusammen mit meinem besten Freund auf Shadowrun umgestiegen und seitdem spielen wir, er als Spielleiter und ich zusammen mit seiner Freundin als Spieler.

X-Zine: Der Schattenname „Bloodshed“ klingt recht brutal, wie kam es dazu?

Lara Möller: Eigentlich war es der Straßennamen für einen Troll. Der sollte zusammen mit zwei anderen Runnern ein Team in einem zukünftigen Roman bilden. Dann schlug mir unser Spielleiter einen Charakterwechsel vor, da unsere Gruppe auf die Dauer recht eingefahren war und frischen Wind vertragen konnte. Nach reiflicher Überlegung wählte ich einen Straßensamurai mit diversen Verbesserungen, unter anderem drei Spornen an jeder Hand. Eine Japanerin, jung, überheblich, klein, zierlich und mit einem Ego ausgestattet, das in keinen Fahrstuhl paßte. Auf der Suche nach dem passenden Namen stolperte ich über Bloodshed. Warum den Namen einem drei Meter großen Troll geben, wenn ich eine sich selbst überschätzende, größenwahnsinnige, impulsive Messerklaue hatte? Somit war Bloodshed geboren. Es war purer Ironie meinerseits und ein guter Weg, mich ein wenig lustig über sie zu machen. Allerdings wurde die Kleine ihrem Namen mehr als gerecht und es hat ziemlichen Spaß gemacht, sie auf ihre Gegner zu hetzen.

X-Zine: Bevor wir zu den Hauptpersonen des Romans kommen wollen, habe ich eine Frage betreffend eines kleinen Orkmädchens mit dem wunderbaren Namen Belinda? Wie kamen Sie auf die Figur?

Lara Möller: Belinda ist ein Teil von mir, wie alle Frauen in diesem Buch einen Teil von mir repräsentieren. Bis auf Amy, die eine Ausnahme bildet, da sie die undankbare Rolle des Groupies abbekommen hat. Durch Ash lernt der Leser den Blickwinkel des Rockstars kennen, seine Sicht der Dinge und der Fans, seine Gefühle, wenn er auf der Bühne steht. Doch ich wollte auch die Fans zeigen, die vor der Bühne stehen und zu ihm aufblicken. Ihre Sicht auf ihn, die Band und ihre Handlungen. Ich selbst habe unzählige Male an Belindas Stelle gestanden, weniger fanatisch, wenn man das überhaupt so bezeichnen darf, und gefühlt, was sie fühlt, gesehen, was sie sieht. Und das wollte ich den Lesern mitteilen. Außerdem steht Belinda für den Kampf der Band gegen den Rassismus. Sie ist der Grund, weshalb die Mitglieder von Devil´s Playground weitermachen, obwohl es riskant und gefährlich ist.

X-Zine: Belinda taucht immer wieder in dem Roman auf, meist in den Momenten bevor ein Wendepunkt im Geschehen passiert. Wie kam es zu dieser Idee?

Lara Möller: Anfangs war sie nur als Figur auf dem ersten Konzert gedacht, um Ashs herzliches Verhalten den Fans und den Metamenschen gegenüber zu verdeutlichen, doch ziemlich schnell wurde mir klar, daß Belinda mehr Raum verdiente. Sie war als Charakter einfach zu liebenswert und ich konnte und wollte mich nicht von ihr trennen. Als ich auf die Idee kam, die Geschichten sämtlicher Charaktere mehr oder weniger eng zu verknüpfen, schien sie mir als Knotenpunkt die beste Wahl zu sein. Belinda kannte sowohl Taurus als auch Ash und würde sich an den Troll mit Sicherheit erinnern. Also wurde ihr Vater Taurus´ behandelnder Arzt, und, um der Sache mehr Würze zu verleihen, arrangierte ich das Treffen des Arztes mit Quickshot. Der Gedanke, Belinda an der Stelle auftauchen zu lassen, war sehr verführerisch, doch war mir klar, dass sie Quickshot irgendwie durchschauen würde. Und das wollte ich nicht. Jedenfalls nicht an dem Punkt der Geschichte. Belinda erlebt das Geschehen um Ash und die Band von außen, hat keine Ahnung von den Hintergründen und Vorkommnissen während der Tournee. Sie steht für all die Fans, die von dem Unglück gleichermaßen geschockt sind und betrauert in ihrer Unschuld einen Menschen, der alles andere als perfekt und rechtschaffend war. Darin liegt für mich die Tragik ihrer Rolle. Dass sie jeweils vor einem Wendepunkt auftaucht, ergab sich im Laufe der Geschichte und war mehr zufällig als geplant.

X-Zine: Ash ist zweifelsohne eine sehr charismatische Gestalt. Er hat fast etwas von einem Heiligen. War es schwierig in seine Rolle charakterliche Fehler einzubauen?

Lara Möller: Ja und Nein. Die meisten Fehler kamen eigentlich von selbst, er hat sie ohne mein bewusstes Zutun entwickelt. Meine Hauptfiguren neigen dazu, ein unkontrollierbares Eigenleben zu entwickeln und im Laufe der Geschichte vollkommen neue und interessante Charakterzüge an den Tag zu legen. Sie laufen mir quasi davon, wenn man so will. Manchmal trüben auch meine Gefühle die Handlungen einer Figur. Ashs Wutausbrüche in der Nähe von Brooks spiegeln zum Beispiel meine eigenen Gefühle dem Elf gegenüber wider. Brooks hat mich ständig auf die Palme gebracht und Ash und mich gleichermaßen wahnsinnig gemacht. Was mir wirklich schwer fiel, war Ashs gedankenlose Art mit Amy umzugehen, seinem One-Night-Stand. Amy war ursprünglich Ashs feste Freundin und hatte eine viel größere Rolle in der Geschichte. Es gab diverse liebevolle Szenen und sie quasi zu einem Werkzeug zu degradieren, tat mir schon weh. Andererseits ist es in der Musikszene immer noch gang und gäbe, Groupies auf diese Art zu behandeln und irgendwie mußte ich den Heiligenschein von seinem Kopf bekommen. Ich habe Ash tatsächlich auf ein Podest gehoben und aus ihm den für mich perfekten Rockstar gemacht. Als mir der Lektor während eines unserer Telefongespräche zu verstehen gab, daß Ash ein Charakterschwein und ein skrupelloser Mistkerl sei, war ich im ersten Moment sprachlos. Natürlich hat er seine Fehler, aber so hatte ich es noch nicht gesehen. Bei den eigenen Kindern neigt man halt dazu, die schlechten Seiten zu übersehen *g*…

X-Zine: Quickshot dagegen ist ein skrupelloser Runner. Die Beschäftigung mit bezahlten Mord ist nichts ehrenhaftes. Haben Sie keine Bedenken gehabt, den Runner so darzustellen?

Lara Möller: Nein, eher im Gegenteil. Genau das machte für mich den Reiz der Geschichte aus. Auf der einen Seite Ash, der helle, positive Pol, der das Leben liebt und die (Meta)-Menschen. Der auf den ersten Blick keiner Seele etwas antun würde und sich selbst und seine Freunde in Lebensgefahr bringt, um den Metamenschen vielleicht eines Tages ein leichteres Leben zu ermöglichen. Und als Kontrast dazu Quickshot, der dunkle, negative Pol, der gnadenlos andere Menschen für Geld umbringt, ohne nach dem Grund zu fragen. Ich wollte einen extremen Gegenpart schaffen, der sich von Ash unterscheidet wie die Nacht vom Tag. Ich bin mir sicher, daß es in einer fiktiven Shadowrunwelt Menschen wie Quickshot geben würde und mancher Spielleiter wird seinen Spielern wahrscheinlich bereits einen ähnlich verwerflichen Charakter präsentiert haben. Ich kann nicht verhehlen, daß Quickshot mich in seiner Rücksichtslosigkeit und Coolness beeindruckt. Im wahren Leben wäre dieser Mensch das Letzte für mich, aber in einer fiktiven Rollenspielwelt hat er seinen Reiz. Es kommt nur auf die klare Trennung an.

X-Zine: Gab es ein Vorbild für Ash?

Lara Möller: Diverse. Ash ist eine Kombination aus verschiedenen Sängern, die mich auf ihre persönliche Art beeindruckt haben. Zwei Sänger tragen allerdings die „Hauptschuld“ an seiner Existenz, namentlich Kai Hansen von Gamma Ray und Andi Deris von Helloween. Die Nummer mit den Wassereimern habe ich Ozzy Osbourne geklaut. Ansonsten tut und ist Ash für mich genau das, was ich von dem perfekten Showmenschen und Sänger erwarte. Jemand hat mir vor kurzer Zeit geschrieben, daß Ash ihn an Axl Rose erinnert. Ich denke, daß jeder Leser eine andere Vorstellung von ihm hat, ihn mit seinen Lieblingssängern/Musikern vergleicht und so ein anderes Bild vor Augen hat.

X-Zine: Taurus ist in seiner besonderen Art eine wahrhaft seltene Figur. Wie kamen Sie darauf?

Lara Möller: Taurus hat in dem Buch zwei Aufgaben: Zum einen ist er für mich der Inbegriff des Beschützers, was sein Job als Leibwächter und Mitglied der Securitycrew beim Konzert unterstreicht. Er passt auf Ash auf und steht ihm zur Seite. So weit es ihm möglich ist, natürlich. Da wiederholt sich das ewige Thema meiner Geschichten: Freundschaft, für einander einstehen, auch wenn der andere den größten Mist seines Lebens gebaut hat. Zum anderen ist der Troll ein mahnendes Beispiel für die negativen Auswirkungen von Cyberware. Wer denkt im Spiel schon daran, was später sein wird, wenn der Charakter alt und ausgebrannt ist? Wenn der Straßensamurai es mit den Verbesserungen übertrieben hat, um in dem ewigen Wettkampf in den Schatten mitzuhalten, und plötzlich feststellt, dass sein Körper und seine Seele das Metall nicht mehr verkraften? Ich habe den Faden weitergesponnen und Taurus an die Stelle gesetzt, die unsere Charaktere selten erreichen, weil wir sie vorher gegen frische und unverbrauchte austauschen. Taurus kann sich nicht einfach einen neuen Körper suchen, er muss mit den Problemen leben, die er selbst heraufbeschworen hat. Ich wollte zeigen, wie es ist, wenn man den Wettkampf verloren hat.

X-Zine: Dass Taurus den Auftrag bekommt, Quickshot zu eliminieren, ist wirklich gelungen. Jeder hätte erwartet, dass eine Frau zu erst hinter Quickshots Geheimnis kommt. Wie kam es zu der Idee?

Lara Möller: Ich wollte die Katastrophe maximieren. Irgendwann kam mir diese fiese, kleine Idee und ich wurde sie nicht mehr los. Wie schlimm konnte ich es noch machen, wer konnte sein Geheimnis entdecken und damit die Lawine erst richtig lostreten? Zuerst wollte ich Belinda die „Ehre“ überlassen und sie in der Szene mit Quickshot und ihrem Vater im Laden auftauchen lassen. Sie wäre auf jeden Fall irgendwie dahinter gekommen. Allerdings war mir das daraus resultierende Unglück nicht gefährlich und verheerend genug für Quickshot. Es musste jemand sein, der die Schatten und ihn und seine Taten kannte. Blieb nur Taurus übrig und ich fand den Gedanken faszinierend, die beiden miteinander zu konfrontieren. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich nicht Belinda gewählt habe. Sie hätte die Entdeckung nicht verkraftet.

X-Zine: Als einzigen Fehler ist mir aufgefallen, dass Tinkerbell es als sonst sorgfältige Runnerin unterlässt, die Gruppe im Astralraum zu scannen. Habe ich noch mehr inhaltliche Fehler übersehen?

Lara Möller:Die guten alten Goofs, keiner ist vor ihnen gefeit . Bei der komplexen Geschichte und den vielen Handlungssträngen bin ich froh, dass mir nicht noch mehr Fehler unterlaufen sind! Das Problem war, dass Tinkerbell es nicht zu früh herausfinden durfte, aber trotzdem auf dem Konzert sein sollte. Also habe ich sie durch Ashs Auftritt abgelenkt. Oder besser gesagt, durch Ash . Keine sehr faire Methode und, betrachtet man die bereits erwähnte Sorgfalt, mit der sie sonst vorgeht, auch nicht ganz schlüssig. Ich wusste mir schlicht und ergreifend nicht anders zu helfen.

Inzwischen bin ich auf zwei weitere Fehler aufmerksam gemacht worden: Mainframe, der Decker, trägt im Zoo die Panzerjacke unter dem Hemd. Das sollte eigentlich eine Panzerweste sein, denn eine Panzerjacke passt unter kein Hemd. Ich hab´s überlesen und außer demjenigen, der mich drauf hingewiesen hat, auch alle anderen.

Zum zweiten weiß niemand, woher Nemo, der Decker, die Info über den Policlub hat. Klar, Mr. Jeffries hat geplaudert, aber mit wem? Und wie kamen die Informationen zu Nemo? Mysteriös. Eine Erklärung hab ich schlicht und ergreifend vergessen. Ups.

X-Zine: Wird es eine Fortsetzung geben und wer wird von den bekannten Figuren dann dabei sein?

Lara Möller: Eine Fortsetzung wird es auf jeden Fall geben, nur der Zeitpunkt ist noch unklar. Momentan schreibe ich wie gesagt an einem anderen Shadowroman, aber danach plane ich Ash II ein. Es wäre einfach nicht fair, die Geschichte auf diese Weise enden zu lassen und es interessiert mich selbst brennend, was danach passiert. Wie das Leben der Charaktere weitergeht und wie sie mit den Ereignissen fertig werden. Dass Ash wieder dabei ist, versteht sich von selbst. Zusätzlich wird Tinkerbell eine größere Rolle spielen und auch Taurus wird auftauchen, allerdings nur als Gast. Brooks sehen wir jedoch nicht wieder.